[Casper Higgs]

Ihr Leben war quasi eine Katastrophe. Eine langweilige Katastrophe. Erlebte sie so gar nichts? Konnte man glücklich sein, wenn man die Freizeit nur mit der eigenen Großmutter verbrachte? Vielleicht war ja das der Grund dafür, dass sie keine Dates hatte: sie nabelte sich nicht von ihrer Oma ab. Das war okay, aber Casper fand das ein wenig seltsam, was vielleicht daran lag, dass er selbst so früh nichts mehr mit seinen Eltern gemeinsam gemacht hatte und bis heute froh war, wenn er nicht mit ihnen reden musste. ”Was war das Spannendste und was das Verrückteste, was du je gemacht hast?” fragte er deswegen und als sie sich nicht mehr so extrem an ihm festkrallte, musste Cas direkt wieder schmunzeln. Sich durchsetzen war also auch nicht ihre Stärke. Sie verriet ihm so viel nur durch ihr Verhalten, dass er immer mehr Spaß daran hatte alles in ihr zu provozieren, nur um zu sehen, wie sie reagierte und was das über sie aussagte. Ryan hätte das gefallen. Aber an ihn zu denken war keine Option und Juliette lenkte Cas wunderbar ab, indem sie seine Frage quasi zurückgab. ”Ich hätte genug zu tun, aber ich hab Lust mit meiner Ärztin die Zeit zu verbringen, also haben die anderen Dinge gerade keine Priorität.” antwortete er und hielt sie einen Moment fester, als sie über einen abgeflachten Bordstein fahren mussten, um die Straße zu wechseln. Sie fuhren noch eine Weile die Straße entlang, bis Casper in eine kleine Seitenstraße der Wishkah Road einbog, vom Skateboard hüpfte und Juliette direkt mit sich nahm, indem er seinen Arm eng um ihren Bauch legte. Er bremste mit einem Bein das Board und stellte die Ärztin neben sich ab, flippte das Brett hoch und griff mit der freien Hand nach Juliettes, um sie mit sich zu ziehen – vorsichtig natürlich, nicht dass sie noch auseinanderfiel so zierlich wie sie wirkte.

Er stellte sein Skateboard gegen eine Hauswand neben einer Tür, in dieser Stadt würde das vermutlich sowieso niemand klauen und selbst wenn, dann kaufte er sich einfach ein neues, war auch kein Weltuntergang. Cas öffnete die Tür und grinste Juliette an. ”Du hast gesagt, du vertraust mir.” er zuckte die Schultern und zog sie sanft hinter sich her in ein Mehrparteienhaus. Gut, es waren nur vier Parteien, zwei im Erdgeschoss, zwei im ersten Stock, aber es zählte trotzdem. Er ging mit ihr die Treppen hoch und dann zur linken Wohnungstür. ”Augen zu.” sagte er und sah sie abwartend an. ”Es sind nur wir beide, keiner sieht dich, es ist nichts Ekliges, nichts Versautes und nichts, wo vor man Angst haben muss.” versprach er ihr und legte dann kurzerhand die Hand über ihre Augen, stellte sich hinter sie und schob sie vorsichtig in die Wohnung, die einem Kumpel gehörte. Also eigentlich dem Kumpel, mit dem er vorhin essen gewesen war. Mit dem Fuß schubste er die Tür hinter sich zu und führte Juliette bis ins Wohnzimmer und platzierte sie sanft auf dem Sofa. ”Augen zu lassen.” mahnte er sie und hoffte, sie war genauso gewissenhaft wie ängstlich und ließ die Augen wirklich zu.

Dann setzte er sich neben sie und fummelte das kleine Etwas aus der Hosentasche, was er vorhin eingesteckt hatte. ”Nicht erschrecken.” wartne Casper die Ärztin vor, ehe er die Halskette um ihren Nacken legte und unter ihren Haaren verschloss. ”Und Augen auf.” er lehnte sich gemütlich zurück und legte den Knöchel seines linken Fußes auf das rechte Knie. ”Keine Panik, ich will dich nicht mit Schmuck um den Finger wickeln. Das ist die Bude von nem Kumpel, weil ich keinen Bock hab, dass du nen Schock kriegst, wenn du siehst, wo ich wohne. Und die Kette ist einmal dafür, dass du so nett zu mir warst und einmal dafür, dass du, wenn dir wieder alle mit deinem Single-Dasein auf den Piss gehen, voll kitschig und Mädchen-like dran tatschen kannst um dich dran zu erinnern, dass Sterne genauso special sind wie du und auch alleine in einer unendlichen Weite existieren.” er zuckte die Schulter, weil er definitiv nicht romantisch war, aber irgendwie hatte er das Bedürfnis ihr das Gefühl zu vermitteln, dass sie eben nicht zwingend jemanden haben musste, nur weil andere es erwarteten. ”Und jetzt checken wir mal deine Flirtskills und gucken woran es liegt, dass du keinen Typen hast.”